Das Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) hat seit Ende 2013 vier Demenzeier veröffentlicht. Die Idee zu diesem Format besteht darin, zunächst einen Video-Vortrag zu kontroverseren Themen aus der Demenzforschung zu veröffentlichen, um daraufhin eine Diskussion zu starten. Die Ergebnisse zu der letzten Diskussion zum Thema Depression wollen wir in diesem Beitrag präsentieren. Gleichzeitig dient der Beitrag dazu, auf Veränderungen in unserem Format “Das Demenzei des Monats” hinzuweisen.
Sie sind jetzt wahrscheinlich neugierig und wollen wissen, wie unsere Leser auf die letzte Demenzei-Aktion reagiert haben. Zur Erinnerung: Wir hatten am 10. Juni 2014 einen Video-Vortrag von Detlef Rüsing mit zwei Fragen veröffentlicht: siehe dazu angefügtes Video im unteren Teil dieses Beitrags.
Die beiden Fragen zu unserem letzten Demenzei zum Thema Depression lauteten:
- Welche Schwierigkeiten haben Sie in Ihrer täglichen Arbeit mit Menschen mit Demenz und depressiver Symptomatik?
- Was machen Sie, wenn Sie Menschen mit Demenz haben, die depressive Symptome zeigen? Was könnte Ihnen helfen?
Wir haben zahlreiche Antworten zu diesen beiden Fragen erhalten, allerdings bis dato darauf verzichtet, die Ergebnisse zu der Diskussion auf unserem Blog zu veröffentlichen. Das hat einen Grund. Das Format “Das Demenzei des Monats” wird in Zukunft als Video weniger häufig produziert, denn wir haben uns bewusst dazu entschieden, Ihnen mehr Zeit für die Beantwortung unserer Fragen einzuräumen. Zudem wollen wir in Zukunft die Rubrik “Das Demenzei des Monats” auf dem Blog des DZD dazu nutzen, noch mehr zusätzliche Beiträge zu ergänzen.
Was erwartet Sie in Zukunft?
Wir haben uns folgende Struktur für die Zukunft überlegt:
- eine Vorankündigung zum Demenzei
- das “Demenzei des Monats” in der Form eines Vortrags auf YouTube mit zwei Fragen
- Antworten der Leser per E-Mail oder als Video mit der Möglichkeit, ein Buch zu gewinnen
- Auswertung der Diskussionsergebnisse in der Form eines längeren Beitrags
- mediale Empfehlungen für die Pflegepraxis zu einem bestimmten thematischen Schwerpunkt
- weitere Beiträge zur Vertiefung
Die Auflösung von zwei Rubriken auf dem Blog des DZD
Aufmerksame Leser, die unseren Blog schon länger verfolgen, wird vielleicht aufgefallen sein, dass die beiden Rubriken “Diagnostik bei Alzheimer” und “Depression und Demenz” nicht mehr existieren. Alle Beiträge, die unter diesen Rubriken publiziert worden sind (seit Dezember 2013), sind jetzt unter dem “Demenzei des Monats” zu finden. Dies einfach aus dem Grund, weil diese Rubriken rein thematisch mit einzelnen Schwerpunkten unseres Demenzeies zusammenfallen. Außerdem entspricht diese Vorgehensweise ebenso der Neuausrichtung dieses Formats. In Zukunft wollen wir nämlich noch mehr Zeit auf die Diskussion mit Ihnen zu einem bestimmten Thema aufbringen. Und Ihnen außerdem noch mehr informative Beiträge zu kontroverseren und komplexeren Themen aus der Welt der Demenzforschung anbieten, die Ihnen hoffentlich auch in der Praxis weiterhelfen!
Hier noch einmal die Details dazu:
Bei dem letzten Demenzei zum Thema Depression gab es bereits zuvor auf dem Blog des DZD einen Schwerpunkt zum Thema Depression (seit April 2014); die Rubrik dazu hieß “Depression und Demenz”. In dieser Rubrik wurden insgesamt fünf verschiedene Beiträge publiziert: ein Einleitungsbeitrag von Marcus Klug (→hier der Link zum Video), eine Neuinterpretation des Psychologie-Klassikers “Grundformen der Angst” (→hier der Link zum Video) sowie drei weitere Beiträge von dem Demenzexperten Christian Müller-Hergl (→hier der Link zu dem ersten Beitrag in dieser dreteiligen Reihe).
So ähnlich war das auch im Dezember 2013. Damals existierte ein Schwerpunkt zur Frühdiagnostik bei Alzheimer; die Rubrik dazu hieß: “Diagnostik bei Alzheimer”. Auch in dieser Rubrik gab es unterschiedliche Veröffentlichungen: neben einem Einleitungsbeitrag von Marcus Klug (→hier der Link zu dem ersten Beitrag in dieser dreteiligen Reihe) ebenso ein Hörspiel in der Art eines Wissenskrimis: Alzheimer mit dem Spürsinn von Sherlock Holmes auf der Spur. Dabei wurde das “Demenzei des Monats” zum Thema Frühdiagnostik bei Alzheimer bereits gegen Ende November 2013 auf YouTube veröffentlicht: →hier der Link zum Video. Alle hier näher aufgeführten Beiträge, die vorher anderen Rubriken zugeordnet waren, sind jetzt somit unter der Rubrik “Das Demenzei des Monats” wieder auffindbar und somit nicht verloren
Jetzt aber: Ihre Stimmen zum Thema Depression
Wir haben uns dazu entschieden, Ihre Stimmen ab sofort in anonymer Form zusammenfassen. Tatsächlich ist das Thema Depression in der professionellen Pflege und in der Versorgung und Betreuung von Menschen mit Demenz ein wirklich schwieriges Thema. So schriebt uns etwa eine Person zu dieser Problematik aus praktischer Sicht: “Ich habe durch die jährlichen Mitarbeitergespräche erfahren, dass es erhebliche Unsicherheiten gibt, in Bezug auf den Umgang mit Depression bei Demenz und depressiver Symptomatik.” Außerdem, so die Beobachtung unserer Leser, gibt es zwar eine Menge Fachliteratur zum Thema Depression, aber noch relativ wenige brauchbare Bücher zum Zusammenhang von Depression und Demenz.
Das stimmt so allerdings nicht ganz. Richtig ist, dass es wesentlich mehr Fachliteratur zum Thema Depression gibt als zum Zusammenhang von Demenz und Depression. Wer allerdings einmal als Wissenschaftler in Datenbanken nach Fachartikeln zu diesem Zusammenhang sucht, wird defintiv auch hier relativ viele Artikel finden. Das Problem ist nur, dass diese Artikel zumeist in englischer Sprache verfasst sind und häufig für Laien wenig zugänglich und abstrakt formuliert sind. Wir werden deshalb in einem weiteren Beitrag zu unserem Themenschwerpunkt schon bald eine Liste mit solchen Publikationen veröffentlichen, die sich speziell der Relation von Demenz und Depression widmen.
Die erste Frage: “Welche Schwierigkeiten haben Sie in Ihrer täglichen Arbeit mit Menschen mit Demenz?”
Dazu gab es folgende Antworten (als Auswahl in verkürzter Form):
“Es kommt häufig vor, dass sich die Mitarbeiter überfordert fühlen. Es sind Mitarbeiter, die sehr gut darin geschult sind, mit Menschen mit Demenz umzugehen. Ich bemerke jedoch, dass sie im Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen mit Menschen mit Demenz und Depression schnell an ihre Grenzen kommen.”
Woran liegt das? Depression kann beispielsweise mit fehlender emotionaler Zuwendung auf Seiten der Betroffenen zusammenhängen. Wird diese Zuwendung allerdings permanent gewährt, so kann die pflegende Person allerdings auf der anderen Seite auch aus ihrem emotionalen Gleichgewicht geraten. Es existiert also einerseits, wie Sie uns auch geschrieben haben, die Problematik, dass sich Betroffene zum Teil selber nicht mehr lieben, andererseits auch den Fall, dass die gewährte Zuwendung einer Pflegeperson in die emotionale Überforderung führt: “Das Fass ohne Boden”.
Prinzipiell geht es also im Umgang mit Menschen, die an Demenz und Depression leiden, zugleich immer auch um das Verhältnis von Nähe und Distanz. Siehe dazu auch folgenden Beitrag von Christian Müller-Hergl: Depression und Pflege: Bewegungen zwischen Nähe und Distanz.
Die zweiten Frage: “Was machen Sie, wenn Sie Menschen mit Demenz haben, die depressive Symptome zeigen? Was könnte Ihnen helfen?”
Dazu gab es folgende Antworten (ebenso als Auswahl in verkürzter Form):
“Es ist immer festzustellen, dass diese Menschen lange dazu brauchen, in Kontakt zu gehen: sehr empfindsam und sehr bedürftig. Man braucht im Umgang mit diesen Menschen etwas, was ich oft in der Pflege im Heim als Mangelware empfinde: Zeit.”
Oder: “Ich versuche Menschen, die depressiv sind und mit denen ich als Pfleger zu tun habe, zu motivieren. Ich zeige ihnen beispielsweise, dass ich sie mag und wertschätze. Dazu gehört vor allem Geduld und die Fähigkeit, diese Geduld nicht allzu schnell zu verlieren”, womit wir wieder bei dem Faktor Zeit wären.
Wenn es hier eine Erkenntnis zum Umgang mit Menschen mit Demenz gibt, die zusätzlich an Depression leiden, dann die, dass der Zugang zu diesen Menschen ohne ausreichend Zeit überhaupt nicht denkbar ist. Diese Beobachtung ist vielleicht ein wenig banal, wenn Sie dabei jedoch bedenken, dass sich im Durchschnitt eine Pflegeperson oder eine Krankenschwester hierzulande um eine pflegebedürftige Person kümmert, wie wir aus empirischen Untersuchungen wissen (siehe dazu auch folgenden Beitrag: “Pflegekräfte: Schluss mit Schwester”), dann ist diese Beobachtung alles andere als banal.
Als Pflegeperson sollte man dabei jedoch auch nicht vegessen, für sich selbst Sorge zu tragen. Im Umgang mit Menschen mit Demenz und Depression ist Selbstpflege sicherlich ebenso ein ganz wichtigtes Thema. Hierzu lohnt es sich, folgenden Beitrag zu lesen: Das Modell der Selbstpflege. Oder gleich unser E-Book zu diesem Schwerpunkt zu lesen: http://dzd.blog.uni-wh.de/das-e-book-und-war-fragt-nach-mir-selbstmanagement-in-der-versorgung-von-menschen-mit-demenz-download/#more-8336.
Vorschau
In der nächsten Zeit werden wir noch eine Liste zum Thema Demenz und Depression mit empfehlenswerten Büchern veröffentlichen. Lesen Sie zu diesem Schwerpunkt auch die bereits oben angeführten Beiträge (unter: Hier noch einmal die Details dazu:). Das nächste “Demenzei des Monats” wird im September veröffentlicht. Das Thema: Ernähung. Wir freuen uns schon jetzt auf die nächste anregende Diskussion mit Ihnen!
Quellenangabe zum Titelfoto:
Foto: Gerhald Gabernig / www.flickr.com
Detlef Rüsing ist Pflegewissenschaftler und leitet das Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) an der Universität Witten/Herdecke. Rüsing verfügt ebenso über langjährige praktische Erfahrungen in der Alten- und Krankenpflege: Er hat dort über 16 Jahre gearbeitet. Seine Schwerpunkt liegt auf Theorie-Praxis-Transfer. Daneben ist er Herausgeber von “pflegen: Demenz. Zeitschrift für die professionelle Pflege von Personen mit Demenz”. Kontakt: detlef.ruesing@uni-wh.de.
Marcus Klug arbeitet aktuell als Kommunikationswissenschaftler und Social Media Manager am Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) und betreut dort das Projekt Wissenstransfer 2.0. Das Projekt wurde bereits mit dem Agnes-Karll-Pflegepreis 2013 ausgezeichnet. Sein Schwerpunkt liegt auf Wissenskommunikation im Social Web. Daneben betreibt er als hauptverantwortlicher Redakteur seit Mai 2012 zusammen mit Michael Lindner Digitalistbesser.org: Plattform für Veränderung und lebenslanges Lernen. Kontakt: marcus.klug@uni-wh.de.