Empathie bedeutet nicht nur, dass wir uns sozial anstecken. Neben dem Teilen von Gefühlen geht es auch um die Perspektivübernahme. “Wenn ich ein Gefühl mit anderen Menschen teilen will, dann muss ich auch kognitiv dazu in der Lage sein, die Perspektive des anderen Menschen zu übernehmen”, so die Neurobiologin Prof. Dr. Martina Piefke von der Universität Witten/Herdecke. Aber wie verhält es sich mit dem Spiegeln von Emotionen bei Demenz?
Spiegelneuronen wurden von dem italienischen Forscher Giacomo Rizzolatti und seinen Mitarbeitern erstmals 1992 bei Makaken beschrieben. Es geht bei diesen speziellen Zellen um die Idee – ausgehend von Beobachtungen an Affen −, dass Spiegelneuronen auch bei Menschen feuern, wenn wir emotionale Gesichtsausdrücke beobachten und diese imitieren. Im Alltag wird dieser Mechanismus mit dem Begriff der “Empathie” übersetzt.
Während die gegenseitige Ansteckung über emotionale Gesichtsausdrücke bei Menschen recht intuitiv funktioniert, setzt die Fähigkeit, sich in andere Personen mental hineinzuversetzen, höhere kognitive Funktionen voraus. Diese Funktionen können bei einer Demenz gestört sein.
Testverfahren zur Beurteilung von Empathiefähigkeit
In der Forschung gibt es eine Reihe von Testverfahren, mit denen man genauer bestimmen kann, inwieweit die kognitiven Anteile von Empathie gestört sind. Die eingesetzten Testverfahren bestehen u. a. aus Cartoon Stories und dem “Reading the Mind in the Eyes”-Test. Die kognitiven Anteile von Empathie beziehen sich auf die “Theory of Mind” (ToM). Die “Theory of Mind” leitet sich aus dem Bereich der Entwicklungspsychologie und der Allgemeinen Psychologie ab.
Bei dem “Reading the Mind in the Eyes”-Test werden verschiedene Bilder von Augenpaaren gezeigt. Der Test besteht darin, bestimmte Begriffe, die mit verschiedenen Gefühlszuständen verbunden sind (siehe dazu das oben angeführte Bildbeispiel), auf die jeweiligen Augenpaare zu beziehen. Dieser Test wurde von Simon Baron-Cohen, Leiter des Autism Research Centre (ARC) der Cambridge University, entwickelt und erprobt. Mit der Übersetzung von Sven Bölte, Psychologe an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Goethe-Universität, liegt auch eine Version vor, die das Anliegen und den Test von Baron-Cohen für den deutschen Sprachraum erschließt. Siehe dazu auch folgenden Link.
Vortrag von Martina Piefke zur Beziehung von Empathie und Demenz
Auf einer Tagung des Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) vom 28. Februar 2014 zum Thema “Gefühle lesen. Erkennen von Emotionen in der Pflege Demenzerkrankter” ist Prof. Dr. Martina Piefke (Lehrstuhl für Neurobiologie und Genetik des Verhaltens an der Universität Witten/Herdecke) genauer auf die Frage eingegangen, wie es um die Beziehung von Empathie und Demenz aus Sicht der Forschung bestellt ist. Dabei bezieht sich Piefke insbesondere auf Erkenntnisse und Testverfahren aus der Neurobiologie und Psychologie, die von ihr auf verschiedene Demenzformen bezogen werden, insbesondere auf Alzheimer und die frontotemporale Demenz. Bemerkenswert an dem Vortrag von Piefke ist sicherlich auch noch die Art und Weise, wie die Forschungsinhalte vermittelt werden: Der Vortrag, der ab sofort als Video frei erhältlich ist, richtet sich vorzugsweise an Entscheider und Praktiker aus der professionellen Pflege.
Hier der Link zum Video-Vortrag von Prof. Dr. Martina Piefke
Quellenangabe zu den Titelfotos:
Foto: vrot01 / www.flickr.com
Prof. Dr. Martina Piefke ist Lehrstuhlinhaberin des Lehrstuhls für Neurobiologie und Genetik des Verhaltens an der Universität Witten/Herdecke. Sie arbeitet auf dem Gebiet der kognitiven und klinischen Neurowissenschaften. Sie interessiert sich zudem im besonderen Maße für die Untersuchung des kognitiven Alterns und möglicher Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz im höheren Alter. Kontakt: martina.piefke@uni-wh.de.
Marcus Klug arbeitet aktuell als Kommunikationswissenschaftler und Social Media Manager am Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) und betreut dort das Projekt Wissenstransfer 2.0. Das Projekt wurde bereits mit dem Agnes-Karll-Pflegepreis 2013 ausgezeichnet. Sein Schwerpunkt liegt auf Wissenskommunikation im Social Web. Daneben betreibt er als hauptverantwortlicher Redakteur seit Mai 2012 zusammen mit Michael Lindner Digitalistbesser.org: Plattform für Veränderung und lebenslanges Lernen. Kontakt: marcus.klug@uni-wh.de.