Mehr Erfolg in der Recherche: Suchstrategien für professionelle Helfer

“Wieso ist Herr Schmidt eigentlich immer so irritiert, wenn er ins Krankenhaus muss?” In diesem Beitrag erfahren sie, welche Suchstrategien zu mehr Erfolg in der Recherche führen. Das Beispielthema: “Demenz im Krankenhaus”.

Zur Identifizierung relevanter Informationen und Literatur bedient man sich bestimmter Suchstrategien. Dazu gehören die nähere Bestimmung welche Art von Informationen benötigt werden, die Identifizierung der Suchorte, die Wahl der Begriffe, die Kombination von Begriffen sowie die Einschränkung der Suche. Dabei verläuft die Suche zumeist zirkelartig. Das bedeutet, dass die Suche durch das mehrmalige Durchlaufen noch weiter verfeinert wird, bis die Recherche schließlich beendet wird.

In der Praxis kann es sehr hilfreich sein, wenn Sie sich bei der Recherche ein bestimmtes Zeitlimit setzen, denn prinzipiell kann man sich bei jeder Recherche endlos in den Weiten des Internets verirren, wenn man immer weiter assoziiert. Ich bin ein großer Freund von solchen Beschränkungen!

Neben den Suchstrategien ist die Dokumentation und systematische Auswertung der Suchergebnisse von zentraler Bedeutung. Wir werden uns später noch genauer mit der Dokumentation und Auswertung beschäftigen. In diesem Beitrag gehe ich näher auf die Suchstrategien ein, und zwar am folgenden Beispielthema: “Demenz im Krankenhaus”.

Das Erstellen einer Suchmatrix

“Suchmatrix” bedeutet “Suchwortliste”. Die unterhalb dieses Absatzes aufgeführte Tabelle ist ein Beispiel für eine Suchwortliste. Prizipiell geht es bei einer Suchmatrix zunächst darum, ein Suchthema in Einzelkomponenten zu zerlegen. Unser Beispielthema: “Demenz im Krankenhaus”. Bei der Zerlegung ergeben sich folgende zentrale Schnittpunkte: Demenz – Versorgung – Krankenhaus. Nun können sie sich in einem weiteren Schritt überlegen, welche Oberbegriffe und Unterbegriffe zu den zentralen Aspekten existieren. Der Oberbegriff zum Krankenhaus ist beispielsweise “Stationäre Gesundheitsversorgung”, während der Unterbegriff “Fachkliniken wie beispielsweise eine Rehaklinik” sein könnte. Und neben den Ober- und Unterbegriffen gibt es noch die “Verwandten Begriffe”. Bei Demenz hat man beispielsweise früher auch von “Altersschwachsinn” gesprochen, während man heute als Mediziner eher synonymisch von “chronischem Hirnversagen” sprechen würde. Suchmatrix: "Demenz im Krankenhaus"

Und was soll das Ganze? Ein derartige Vorgehensweise bringt schon zu Beginn der Recherche mehr Systematik mit ins Spiel. Außerdem können wir später über unsere Suchmatrix wesentlich präzisere Suchanfragen formulieren, die durch “reines freies Assoziieren” so sicherlich nicht möglich wären. Beides ist also in der Suche nach Informationen gleichermaßen gefragt: freie Assoziation und analytisches Denken.

Beispiel für Suchanfragen zum Thema “Demenz im Krankenhaus” nach der Erstellung einer Suchmatrix:

  • Demenz Krankenhaus
  • Demenz Stationäre Versorgung
  • Alte Menschen im Krankenhaus ODER Versorgungsprobleme Krankenhaus
  • Krankenhausaufenthalt Demenz Abbau
  • Demenz Stationäre Einrichtung
  • Problem Demenz Aufenthalt Krankenhaus

Eine solche Auflistung kann auch verschiedene Variationen und Umstellungen von Begriffen enthalten.

Verknüpfung mit den Booleschen Operatoren

Bei dem dritten Punkt in der Aufzählung ist Ihnen vielleicht das “ODER” aufgefallen. Das “ODER” ist ein Boolescher Operator, benannt nach George Boole, der Mathematiker, Logiker und Philosoph war (1815–1864). Solche Operatoren legen die logischen Regeln von Verknüpfungen fest.

Wie die Grafik oberhalb dieses Absatzes zeigt, gibt es im Wesentlichen drei logische Möglichkeiten der Verknüpfung. Die Suche nach Informationen wird entweder mit einem Booleschen Operator erweitert (mit ODER oder OR), eingeschränkt (mit UND oder AND), oder es wird ein bestimmter Begriff ausgeschlossen (mit NICHT oder NOT).

Nehmen wir ein einfaches Beispiel für die Anwendung der Operatoren innerhalb unserer Recherche. Das Angebot der ZB MED in Köln – Leibniz-Informationszentrum Lebenswissenschaften – ist zusammen mit dem Standort Bonn die zentrale Fachbibliothek für Medizin, Gesundheitswesen, Ernährungs-, Umwelt- und Agrarwissenschaften in Deutschland. Ich habe einfach mal unser Beispielthema “Demenz im Krankenhaus” in die Suchmaske der ZB MED eingegeben. Das führte zu 3.645 Treffern.

Demenz und Krankenhaus

Wenn Sie die Suche jetzt weiter einschränken wollten, würden Sie den Operator UND benutzen. Und siehe da: “Demenz im Krankenhaus UND Pflege” ergibt immerhin “nur noch” 316 Treffer.

Demenz im Krankenhaus UND Pflege

Fragen weiter ausformulieren

Die bisherige systematische Vorgehensweise in der Recherche führt auch zu einer weiteren Ausdifferenzierung der Ausgangsfragestellung und der mit dieser Frage verbundenen Faktoren. Die Frage: “Wo liegt das Problem in der Versogung von Menschen mit Demenz im Krankenhaus?”

Mögliche Teilfaktoren dieses Problems:

  • Viele Krankenhäuser sind bisher in Deutschland noch nicht auf die Versorgung von Menschen mit Demenz eingestellt
  • Es fehlen Informationen über einzelne Patienten mit Demenz
  • Der Austausch mit Angehörigen ist unzureichend
  • Die Strukturen und Abläufe im Krankenhaus sind nicht kompatibel mit den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz

Bei der weiteren Verfeinerung Ihrer Ausgangsfragestellung sollten Sie sich auch genauer überlegen, was Sie eigentlich wissen wollen? Hiervon ist beispielsweise auch die Wahl der Recherchemittel abhängig. Suche ich etwa nach Statistiken aus der Forschung zu der Frage, wie viele Menschen mit Demenz im Durchschnitt pro Jahr in Deutschland im Krankenhaus versorgt werden, etwa Menschen mit Schlaganfall, die außerdem an Demenz leiden, oder suche ich nach Empfehlungen für die bessere Versorgung von Demenzbetroffenen im Krankenhaus?

Unterschiedliche Arten von Informationen

Während die erste Frage “Wie viele Menschen mit Demenz werden pro Jahr im Krankenhaus versorgt?” eine Frage sein kann, die auf Forschungsergebnisse abzielen kann, ist die zweite Frage “Wie lauten die Empfehlungen zur Versorgung von Menschen mit Demenz im Krankenhaus” eine Frage, deren Beantwortung beispielsweise auch aus Fachzeitschriften entnommen werden kann, die keine wissenschaftlichen Publikationen darstellen.

Sie merken wahrscheinlich schon: Unterschiedliche Fragen im Zusammenhang zum Thema “Demenz im Krankenhaus” zielen auch auf unterschiedliche Arten von Informationen ab.

  • Forschungsergebnisse: Dies sind die Resultate von Studien. Man findet sie in der Regel in wissenschaftlichen Zeitschriften, Büchern, Konferenzbänden und Enzyklopädien. Oder Sie nutzen spezielle Datenbanken im Internet für die Suche nach bestimmten Forschungsergebnissen, auf die wir noch an anderer Stelle ausführlicher eingehen werden (Datenbanken wie unter anderem PubMed).
  • Forschungsmethodologie: Diese Informationen beschreiben nicht “was”, sondern “wie” etwas innerhalb von Forschungen gefunden wurde.
  • Empfehlungen: Empfehlungen können Teil von Forschungsberichten sein, können aber auch Bestandteil von Fachzeitschriften oder Ratgeberbüchern sein. So kann man sich beispielsweise die “Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe” in der Form eines Forschungsberichts im Internet herunterladen (hier der Link), während man solche Empfehlungen ebenso in Fachzeitschriften findet, wie etwa Empfehlungen zum Umgang mit Aggressivität bei Demenz in der Fachzeitschrift “pflegen: Demenz” (hier der Link dazu).
  • Meinungen, persönliche Kommentare: Viele pflegerische Publikationen beschreiben persönliche Meinungen der Autoren. Diese Informationen sind oft wichtige Quellen zur Identifizierung von Debatten und Kontroversen.
  • Expertenbefragung: Ist ein Thema recht unübersichtlich und komplex, kann es Sinn machen, neben der Recherche auch zusätzlich Gespräche mit Experten und erfahrenen Praktikern durchzuführen. In unserem Fall: Wie betrachtet ein erfahrener Mediziner das Thema Demenz im Krankenhaus? Wie sehen das professionell Pflegende oder etwa auch die Betroffenen selber und deren Angehörige?

Anhand Ihrer Recherchefrage sollten Sie sich dementsprechend klarer darüber werden, welche Informationen für Sie in Frage kommen: Fachartikel aus Zeitschriften? Ratgeberliteratur? Wissenschaftliche Quellen? Nur elektronische Suche? Oder auch Suche in Fachbibliotheken? Zusätzlich Gespräche und Interviews mit Experten? Und wie sehen Ihre Ressourcen und Ihr Zeitbudget aus?

Fazit

Suchstrategien sind eine wichtige Grundlage für die Recherche, denn eine systematischere Suche kann auch schneller zu verwertbaren Ergebnissen führen. Das andere Extrem sind die “wilden Recherchen” im Internet. Auch diese können zuweilen sehr erfolgsversprechend sein, gerade wenn sie ungewöhnliche Informationen zu einem Thema entdecken wollen. Hier wäre beispielsweise eine Suchstrategie gefragt, die Begriffe miteinander kombiniert, die vielleicht auf dem ersten Blick nicht zusammenpassen, etwa “Krankenhausökonomie – Demenz – Erschöpfung” (ein erster Versuch in diese Richtung). Der Nachteil von “wilden Recherchen”: Die Gefahr besteht, dass Sie sich immer wieder in den Weiten des Internets verirren, wenn Sie sich selbst nicht ausreichend disziplinieren. Zudem steht und fällt die Recherche mit der Person, die recherchiert. Breite und Tiefe im Wissen kann auch bei der Recherche ein großer Vorteil sein!

Quellenangaben zu den Fotos:

Foto: State Library Victoria Collections / www.flickr.com

Foto: geoinformatik.uni-rostock.de/images/Boolsche_Algebra.gif

Marcus Klug arbeitet aktuell als Kommunikationswissenschaftler und Social Media Manager am Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) und betreut dort das Projekt Wissenstransfer 2.0. Das Projekt wurde bereits mit dem Agnes-Karll-Pflegepreis 2013 ausgezeichnet. Sein Schwerpunkt liegt auf Wissenskommunikation im Social Web. Daneben betreibt er als hauptverantwortlicher Redakteur seit Mai 2012 zusammen mit Michael Lindner Digitalistbesser.org: Plattform für Veränderung und lebenslanges Lernen. Kontakt: marcus.klug@uni-wh.de.

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