Christel Bienstein geht in den (Un-)Ruhestand: Eine persönliche Würdigung

Mit Ideen, Charme und sehr viel Engagement ist Christel Bienstein zu einer der bekanntesten deutschen Pflegewissenschaftlerinnen avanciert. Detlef Rüsing – Leiter der Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) an der Universität Witten/Herdecke – hat ihren Werdegang über viele Jahre hautnah miterlebt. Grund genug, ihr herausragendes gesellschaftliches Engagement im Dienste der Pflege nach ihrer Verabschiedung aus persönlicher Perspektive zu würdigen.

Prof. Christel Bienstein, Gründerin und Leiterin des Departments Pflegewissenschaft wurde am 26. September seitens der Universität Witten/Herdecke in einer Feierstunde offiziell in den Ruhestand verabschiedet (https://www.uni-wh.de/detailseiten/news/pflege-pionierin-geht-in-den-ruhestand-zumindest-ein-bisschen-6432/).

Über ihren Werdegang und ihre Leistungen zur Entwicklung und Verstetigung der Pflegewissenschaft, können Sie in unzähligen Publikationen lesen und wäre an dieser Stelle nicht anderes, als „Eulen nach Athen zu tragen!“. Stattdessen möchte ich diese Gelegenheit nutzen, die Beitrag Christel Biensteins an der Existenz und vor allem der Art, in der das DZD arbeitet, zu würdigen.

Das Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) wurde als Teil der Landesinitiative Demenz-Service NRW 2005 gegründet und ist universitär am Department für Pflegewissenschaft in der Fakultät für Gesundheit verankert. Die Leitung dieses Departments (vormals Institut für Pflegewissenschaft) hatte seit der Gründung 1995 Frau Prof. Christel Bienstein inne. Christel Bienstein entwickelte mit ihren Wegbegleiterinnen den ersten universitären Studiengang Pflegewissenschaft an der Universität Witten/Herdecke. Ich selbst habe Christel Bienstein als einer der ersten Studenten der Pflegewissenschaft im Jahr 1996 kennengelernt.

Als examinierter Altenpfleger lernte ich mit ihr schon damals eine lehrende und leitende Frau kennen, die von Beginn an bei uns Studenten ein Wissenschaftsbild vermittelte, welches das Gegenteil des klassischen “Forschers im Elfenbeinturm” zeichnete.

Unmissverständlich wurde uns beigebracht, dass pflegewissenschaftliche Forschung, die es in anderen Ländern schon seit den 1920er Jahren gab, Praxisrelevanz haben müsse. Praxisrelevanz wiederum erhielten diese Forschungen nicht nur durch die bloßen beforschten Inhalte, sondern vor allem auch durch eine verständliche Präsentation der erhaltenen Ergebnisse aus authentischem Munde.

Christel Bienstein lehrte uns, dass wir nicht vergessen sollten, aus welcher Berufsgruppe wir Pflegenden kämen (in den ersten Jahren der Pflegewissenschaft konnte man nur mit einer abgeschlossenen Pflegeausbildung und Berufserfahrung studieren), und dass es darum gehe, Wissenschaft für eine Verbesserung der Praxis zu nutzten.

Vor diesem Hintergrund ist es leicht nachvollziehbar, warum das DZD, als In-Institut des Department Pflegewissenschaft bei der Konzeptionierung diese – von vielen von Ihnen geschätzte – Ausrichtung des Wissenstransfers hat. Es geht uns darum, wissenschaftliche Ergebnisse für die Praxis nutzbar zu machen. Dieses Konzept, welches wir im Laufe der Jahre weiterentwickelten, haben wir 2005 erstmalig der Landesinitiative Demenz-Service NRW angeboten, es wurde angenommen und wir verfolgen diesen Ansatz noch heute voller Engagement.

Bis vor wenigen Wochen war also Prof. Christel Bienstein noch unsere/meine Vorgesetzte an der Uni. In dieser Funktion hat Frau Bienstein uns einen weiteren großen Dienst erwiesen. Christel Bienstein war immer eine Chefin, die Vertrauen in ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte. Nie hat sie uns im DZD in unsere Konzeption, in neue Transferformate oder in unsere Art der Präsentation hineingeredet.

Stattdessen wussten wir immer, dass wir uns auf sie verlassen können und dass sie sich – wenn es einmal hart auf hart käme – jederzeit für uns einsetzen würde. Genau das hat Sie das ein ums andere Mal getan und dafür sind wir ihr mehr als dankbar.

Wenn man mich abschließend fragen würde, was ich – rein beruflich – am meisten an Frau Prof. Bienstein schätze, würde ich es folgendermaßen zusammenfassen: Das Tollste an ihr als Chefin war, dass es ihr darum ging, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam mit ihren Themen als Personen und Wissenschaftler wachsen konnten. Sie ließ uns voller Vertrauen in uns arbeiten, ohne den Erfolg der Arbeit für sich zu reklamieren. Dabei gebührt ihr an der Arbeit von uns allen mehr als nur ein Dank …!

Ich bin fest davon überzeugt, dass es das DZD in dieser Form ohne Christel Bienstein nicht mehr gäbe und in dieser einzigartigen Form nie gegeben hätte. Und das hat sie vor allem erreicht, indem Sie einfach da war und hinter uns stand.

Ich bin sicher, dass wir auch in Zukunft noch viel von ihr hören werden. Christel Bienstein hat uns allen eine Menge Wertvolles zu sagen. Von uns im allen im DZD noch einmal: DANKE!! Von mir ganz persönlich: Danke für alles, was ich von ihr lernen durfte.

bienstein

Prof. Christel Bienstein leitete ab 1994 das Department für Pflegewissenschaft an der Universität Witten/Herdecke. Für ihre Verdienste um die Pflegewissenschaft wurde Bienstein im Juni 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Auch im Ruhestand will sie sich weiter engagieren. Bis 2020 ist Christel Bienstein noch Präsidentin des deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe.

Detlef Rüsing ist Pflegewissenschaftler und leitet das Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) an der Universität Witten/Herdecke. Rüsing verfügt ebenso über langjährige praktische Erfahrungen in der Alten- und Krankenpflege: Er hat dort über 16 Jahre gearbeitet. Seine Schwerpunkt liegt auf Theorie-Praxis-Transfer. Daneben ist er Herausgeber von “pflegen: Demenz. Zeitschrift für die professionelle Pflege von Personen mit Demenz”.

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