In Folge 07 der neuen Podcast-Reihe “Die Pflegesprechstunde” geht es zunächst um eine Entdeckung. Bei dem Thema “Kriegstrauma und Demenz” überfielen Sabine Bode nicht Schrecken und Ohnmachtsgefühle, sondern etwas völlig anderes geschah. “Nirgendwo”, so schreibt die Journalistin in ihrem Buch “Frieden schließen mit Demenz”, “habe sie so viel Kreativität angetroffen wie in der Fürsorge für Menschen mit Demenz”. Die Frage in der siebten Episode: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Kriegstrauma und Demenz?
Viele Männer, die noch den Zweiten Weltkrieg erlebt haben, lernten nie, über das eigene Leid zu sprechen, da sie – obwohl sie während des Krieges Kinder und somit Opfer waren – zum “Tätervolk” gehörten. Viele erstgeborene Jungen mussten – da der Vater in der Gefangenschaft oder gefallen war – den Vater im Zuhause ersetzen und konnten gar nicht Kind sein. Die Mädchen haben neben dem Verlust des Vaters häufig andere traumatisierende Erfahrungen wie Vergewaltigung und Vertreibung gemacht.
Die Journalistin Sabine Bode hat den Kriegskindern und ihren zum Teil traumatischen Erfahrungen mehrere Bücher gewidmet, darunter solche Titel wie “Die vergessene Generation. Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen” oder “Kriegsspuren. Die deutsche Krankheit German Angst”.
Schließlich folgte 2014 auch ein Buch zum Thema Demenz: “Frieden schließen mit Demenz”. Dabei erschloss sich der Zusammenhang zwischen Kriegstrauma und Demenz erst im Laufe der Recherche. So existiert beispielsweise ein Interview mit dem Traumaforscher Andreas Maercker in dem Buch “Frieden schließen mit Demenz”, in dem Maercker die Vermutung von Bode bestätigt, dass kriegsbedingte posttraumatische Belastungsstörungen die Entstehung einer Demenzform wie Alzheimer befördern können.
Im Podcast-Interview mit Sabine Bode geht es dementsprechend um die nähere Ergründung der Frage, welcher Zusammenhang zwischen Kriegstrauma und Demenz besteht. Dabei wird der Bogen von der Traumaforschung und Epigenetik, den traumatischen Erfahrungen der Soldaten des Vietnamkrieges bis hin zu den deutschen Kriegskindern geschlagen, die zum Teil erst im Alter mit Demenz ihr Schweigen brechen und sich emotional gegenüber ihren engsten Familienangehörigen mitteilen.
Zu nennen wäre hier beispielsweise die Geschichte von Astrid Wörn und ihrer Mutter. Als die Tochter aufwuchs gab es nicht selten Tage, an denen die Mutter weitgehend schwieg. “Ein eisiges Gefühlsklima, was typisch für Traumatisierte sein kann”, so Bode im Interview mit Marcus Klug. Und eine schreckliche Situation für einen heranwachsenden Menschen. Erst mit der Demenz veränderte sich dieses Klima im positiven Sinne. Und erst mit der Demenz verstand die Tochter, warum die Mutter so häufig in ihrer Kindheit geschwiegen hatte.
Quelle zum verwendeten Lied “Lili Marleen” in der Version von Mimi Thoma:
http://ingeb.org/garb/lmarleen.html
Link zum iTunes-Kanal:
https://itunes.apple.com/de/podcast/dialog-und-transferzentrum/id1157361238?l=en
Weiterführende Links:
Buch von Sabine Bode: Frieden schließen mit Demenz
Hintergrundinformationen zu den traumatischen Erlebnissen der Vietnamsoldaten
Das Format “Die Pflegesprechstunde” wird produziert im Auftrag des Dialog- und Transferzentrum (DZD) an der Universität Witten/Herdecke – als Teil der Landesinitiative Demenz-Service NRW, gefördert von MGEPA und den Pflegekassen NRW.
Marcus Klug arbeitet aktuell als Kommunikationswissenschaftler und Social Media Manager am Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) und betreut dort das Projekt Wissenstransfer 2.0. Das Projekt wurde bereits mit dem Agnes-Karll-Pflegepreis 2013 ausgezeichnet. Sein Schwerpunkt liegt auf Wissenskommunikation im Social Web. Daneben betreibt er als hauptverantwortlicher Redakteur seit Mai 2012 zusammen mit Michael Lindner Digitalistbesser.org: Plattform für Veränderung und lebenslanges Lernen. Kontakt: marcus.klug@uni-wh.de.